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Weser-Barkenfahrt 2006 (29.9. - 3.10.2006)
    (aufgeschrieben von Peter und von Ingo mit Bildern garniert)


Am Freitag den 29.09.06 war Anreisetag für 14 Berliner und 8 Neustrelitzer Ruderer zu unserem Stammquartier im Ruderverein Höxter. Für uns Neustrelitzer ging die Fahrt erst mit dreistündiger Verspätung um 17:00 Uhr los. Beim WSV Transporter machte der Anlasser schlapp, Reparatur erst Samstag früh möglich. Daher mussten wir ein Ersatzfahrzeug aus Neubrandenburg mieten, leider ohne Hängerzug. Als wir noch die B 96 Umleitung entlang schlichen meldeten die Berliner Ruderkameraden bereits die Überquerung der Elbe mit strammen 90km/h und Ihrer Barke am Haken.
Als wir um 23:00 Uhr unser Ziel erreichten, hatten sich die Berliner Sportfreunde in der Vereinskneipe schon etwas „zurechtgemacht“ und waren mit Fahrtenleiter Ingo (VL) bei der Bier- und Fahrtenfeinabstimmung. Diesen Vorsprung konnten wir nicht mehr ganz aufholen, denn um 2:00 Uhr streckte der Wirt die Waffen. Sämtliche Schnapssorten sowie der „Einbecker Urbock“ waren alle. Das lag wohl an der Wiedersehens-Freude bzw. neue „Gleichgesinnte“ kennen zu lernen. So begaben sich alle in eines der doppelstöckigen, auf 2 Räume aufgeteilten, Metallbetten.
Zum Glück, denn Holzbetten wären am Morgen wohl gnadenlos zersägt gewesen. Auch Orientierungsschwierigkeiten soll es des nachts gegeben haben. Im Schrank nächtigte aber keiner. Nur Herbert und Bärbel schliefen im Wohnmobil und Sven und Gabi gingen ins „Separee“, was immer das gewesen sein mag.

Samstag um 7:30Uhr zum Frühstück standen alle erstaunlich frisch und tatendurstig auf der Matte. Der VL übernahm mit Herbert und Matthias den ersten Landdienst, Wechsel nach ca. halber Tagesstrecke. Die Bootseinteilung wurde durch ziehen von Spielkarten entschieden. Da am Neustrelitzer Transporter der Hängerzug fehlte, ließ der VL die zweite Barke aus Kassel bringen . Das sparte uns Zeit und hielt sich preislich in Grenzen. So konnten
wir unsere Tour um 10:45 an folgendem Startpunkt beginnen:
„Wo Werra sich und Fulda küssen
Sie ihre Namen büssen müssen.
Und hier entsteht durch diesen Kuss
Deutsch bis zum Meer der Weser Fluss“
Hann. Münden d. 31. Juli 1899

So zu lesen am „Weserstein“ auf dem Tanzwerder in Hann. Münden. An einer Rampe ein paar 100m flussabwärts ließen wir die Barken zu Wasser.
Nach sage und schreibe 8 Ruder- schlägen kam das Kommando „einbenzeln“, welches im Verlaufe der Tour noch oft zu hören sein sollte. Nur noch einer leistete Schwerstarbeit, Sven der „Schankwirt“.
Aus einem 30 LiterFass pumpte er mit einer Plastikgarnitur das Bier, was bestens funktionierte. Man konnte gar nicht so schnell gucken, wie die Zweite Barke bei uns andockte. So schrubbten wir mit ca 4-6 km/h biertrinkend und kräftesparend Kilometer für Kilometer. Nach 3 Stunden geschah das Wunder, wir fingen tatsächlich noch an etwas zu rudern. Eine halbe Stunde später in der nächsten Pause kam der Forschergeist in uns hoch, wie tief mag wohl die Weser hier sein.
Steuermann Sven fragte : „Soll ich ausmessen“? Und alle „Feige, feige“! Er zog sein Hemd aus und schon war er drin. Das Wasser reicht bis zur Brust, also 1,60m. Wieder draußen zog er das trockene Hemd wieder an und die nasse Hose aus.
Unten ohne steuerte er weiter. Auf dem Rollsitz wäre es auch problematisch geworden, wenn der Sack plötzlich hängen bleibt oder gar auf die Rollbahn gerät.
Bei schönstem Sonnenschein trieben wir an der Therme in Bad Karlshafen vorbei, wo sich die feinen Damen nackt auf den Liegen aalten. Spontan gab’s im Boot das Kommando „Sveni zieh blank“, was er natürlich sofort tat. Es war ja nur das T-Shirt „anzuliften“. Ob sich die Damen zu- oder abwandten konnten wir nicht mehr erkennen, da plötzlich zwei große Fahrgastschiffe auftauchten. Die kommen immer genau in dieser Kurve, wussten einige zu berichten.

Am km 51,5 in Beverungen endete der erste Tag nicht etwa weil das Fass Bier leer war, sondern weil der VL es so geplant hatte. Der nachmittägliche Landdienst (Bärbel, Ute und Jörg) wartete bereits auf der Terrasse der schönen Vereinskneipe bei Kaffee und Pflaumenkuchen. So kam auch Schleckermaul Jörg auf seine Kosten, wo er Pflaumen doch so mag!!!
Abends grillten wir erst nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten. Thomas Sch. war verzweifelt, die Grillbriketts schienen unentflammbar zu sein, auch Kohlenanzünder nützte nichts. Die sind aus Asbest wurde gescherzt.
Erst nach langer, langer Bestrahlung mit der Heißluftpistole geschah doch noch das Unfassbare. Meister Dietmar grillte und Knecht Henna ging ihm zur hand mit Taschenlampe, „Würstchendreher“ und Bier. Am Ende wurden alle satt und sogar die letzte liegengebliebene Anstandswurst fand noch einen Abnehmer.
Der zweite Tag begann mit einer Fachsimpelei im Erdgeschoss zwischen Uwe im linken Raum auf Klo sitzend und Sven nebenan im Waschraum bei der Reinigung der Bierpumpe. Beide waren sich einig, dass sie gerade ganz wichtige Dinge erledigen.
Nach Einteilung von Bootsplätzen und Landdienst (Susi, Paul und Schwelli). Als das neue Bierfass verstaut war (diesmal Schwarzbier wegen der Abwechslung) ging es los mit dem Vorsatz etwas mehr zu rudern.
Wir schafften 1 km in 5 min was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von von 12 km/h entspricht. In den ausgiebigen Pausen schafften wir durch Strömung und Rückenwind 6 km/h.
Am km 60 präsentierte sich oberhalb des rechten Steilufers das Jagdschloss Fürstenberg im Stil der Renaissance. Hier gründete im Jahre 1747 Herzog Carl der 1. von Braunschweig eine Porzellanmanufaktur, gekennzeichnet mit dem blauen „F“, die zu den ältesten in Europa zählt. Hier ist auch das einzige Porzellanmuseum Norddeutschlands untergebracht.
8 km weiter fuhren wir an unserem Stammquartier Höxter vorbei. Höxter ist eine alte Hansestadt mit historischer geschlossener Altstadt und schönen Fachwerkhäusern vom 16. bis 18. Jahrhundert im einzigartigen Baustil der Weserrenaissance. Die mit Palmetten und
Schnitzereien reich verzierten Bürgerhäuser, sowie ehemaligen Adelshöfen zeugen in ihren immer unterschiedlichen Ausführungen vom Ideenreichtum und Geschick der Baumeister.
Man findet solche ansehnlichen Bauwerke in allen Städten der Oberweser.
Nur 2 km von Höxter entfernt befindet sich die ehemalige Reichsabtei und Schloss Corvey, gegründet 822. Das Westwerk, die barocke Abteikirche, die Schlossanlage mit Kaisersaal, Kreuzgang und der fürstlichen Bibliothek mit über 70.000 Bänden, in der Hoffmann von
Fallersleben (Texter des Deutschlandliedes) als Bibliothekar wirkte. Es ist wie auch Schloss Fürstenberg zu besichtigen.
Vor Holzminden forderten uns Kanuten raus(ca 12 jährige Jungen). Natürlich legten wir uns ins Zeug. Als sie ihr Pulver verschossen hatten, fuhren sie einfach auf unsere Heckwelle und hielten locker mit.
In Holzminden (km 80) hielten wir eine für eine kurze Mittagspause mit Tausch der Landdienste (Britta, Karola und Renate). Verpflegung war reichlich vorhanden. Die Bierfüchse Henna und Thomas Sch. arbeiteten so gut, dass unser Fass bereits mittags fast nur noch Luft enthielt. Die Trinker ließen einfach nicht nach, im Gegenteil. Ein bisschen mehr gerudert, dafür aber viel schneller gesoffen als am ersten Tag.
Plötzlich fingen Uwes Arme an zu zittern. Der Krankheitsbefund fiel eindeutig aus, ein typischer Fall von „Unterhopfung“. Diese Krankheit kannte ich noch nicht. So sah sich die „fasslose“ Barke genötigt in Polle zum Frischbiertrinken anzulegen. In Polle bietet sich von der Burgruine ein schöner Ausblick auf die Weser, nebenbei bemerkt.

Der Status des Bierfasses stieg übrigens. Am ersten Tag stand es noch beim Steuermann, am zweiten bereits zwischen den Schlagmännern Ingo und Jörg. Dafür kreierten sie sogar einen neuen Ruderstil. Die dem Fass zugewandten Ellbogen wurden in schwungvollem Bogen angelegt oder auf Schulterhöhe hochgezogen. Das sah zwar blöd aus, erfüllte aber den Zweck.
Ansonsten ruderten eben nur noch 8 Leute. Komischerweise saß ich als eher schwächelnder Trinker beide Tage gleich hinterm Bierfass. Da meine Neustrelitzer Ruderkameraden auf diversen anderen Touren fleißig mit mir trainierten, überstand ich auch diese kritische Phase. Natürlich leisten sie auch Überzeugungsarbeit. Gebeetsmühlenartig erklären sie mir immer wieder wie gesund und nahrhaft das Bier ist und das es gegen fast alle Krankheiten die beste vorbeugende Maßnahme ist. Viel besser als in der Weser zu schwimmen. Ich bin kurz davor es zu glauben.
In Bodenwerder km 111 beendeten wir den zweiten Rudertag. Abends kehrten wir in Höxter in der zünftigen Fachwerkskneipe „Niedersachsenkeller“zu „Bayerischen Wochen“ ein.
Ingo erhielt das Ruderabzeichen für 15-malige Erfüllung des großen Fahrtenwettbewerbes.
Den dritten Tag begannen wir mit einem Rundgang in Bodenwerder, Heimatstadt des Barons von Münchhausen (1720-97). Nachdem wir uns eine ehemalige Dampfmaschine zu Stromerzeugung für damalige Industriebetriebe ansahen, landeten wir im Münchhausenmuseum im Rathaus. Bei einer Führung brachte man uns auf sehr humorvolle Weise Münchhausens Erzählungen nah (Hirsch mit Kirschbaum am Kopf, Enten auf Hundeleine, Hase mit 8 Pfoten usw.)
Oft erzählte er seine Geschichten im Pavillon auf dem Berg. Da vom vielen reden sein Mund schnell austrocknete, hatte er eine etwa 60cm lange „Flüstertüte“ um Bier zu ordern. Dieses mussten die Diener dann immer den Berg hoch tragen. Hier wurden meine Ruderkameraden sofort hellhörig. So eine „Flüstertüte“ das wär’s! Mindestens 300m vor dem Anlanden könnte man schon Frischbier bestellen, welches dann bereits bei Ankunft in der Kneipe auf dem Tisch steht! Ruderer sind eben sehr praktisch veranlagt!
Am Betontreppen-Steg des RV Bodenwerder wartete schon ein Autokran, dass wir endlich ablegen. Sie wollten einen Schwimmsteg zu Wasser lassen. Wir legten etwas hektisch ab, trotzdem vergaßen wir keinen. Herbert, Geisl, Sven und Thomas Sch. übernahmen den Landdienst. Thomas wollte auch durch Henna oder mich nicht abgelöst werden. So hat er wenigstens mal einen Alkohol freien Tag, sagte er.
Die Sonne zeigte sich am 3. Tag zwar nicht mehr und es wurde windiger, aber es regnete nicht. Am km 124 trieben wir an der imposanten Anlage des Atomkraftwerkes Grohnde vorbei. Über zahlreiche „Duschköpfe“ wurde das dampfende Wasser der Weser wieder zugeführt. Baden gehen wollte ich dennoch nicht, weil ich Angst hatte, dann im dunklen zu leuchten.
Matthias hatte für die Frauen lecker Wein. Erst dachte ich Renate, Ute und Karola frieren, aber die lila Lippen + Zungen kamen vom Wein picheln, der bald auch auf die Blase drückte. Ohne anlegen zu pinkeln ist für die Männer kein Problem, aber für manche Frauen. Ute erledigte das kurz und schmerzlos.
Auch Karola sah sich genötigt es erstmalig übern Ausleger zu tun. Darauf wartete nur Paparazi Gabi. Ritterlich stellte ich mich mit aufgespanntem Regenschirm dazwischen, wo sich doch Karola endlich überwunden hatte.
Chrisi hatte den besten Appetit von uns allen und somit auch die schönsten „Blumentöpfe“. Man konnte sie nicht sehen, aber ....
Sauer wurden alle nur, wenn die Ankündigung fehlte. Wahrscheinlich wegen der dann entgangenen „Vorfreude“.
Auf der Schlussgeraden zum RV Hameln gab es noch eine Abschlussregatta im segeln, die wir leider verloren. Die Anderen hatten mehr oder größere de Caprios an Bord.
So beendeten wir unsere Tour am RV Hameln km 132. Nach der Bootsverladung deckten die Frauen ein zum Mittagessen.
Anschließend fuhren 10 Ruderer zur Stadtbesichtigung nach Hameln mit Oldtimer-Schau und Glockenspiel mit dem Rattenfänger. Die Anderen schauten sich den noblen RV Hameln an. Abends kehrten wir in Höxter im urigen „Schrullen....“ ein mit Abschiedslage vom VL und zünftigem Trinkspruch. Uwe gab noch so manchen Witz zum besten. Endlich konnten wir mal lachen nach der „beinharten“ Rudertour.
Aller Dank galt dem VL für die perfekte Organisation. So ein Ding machen wir jederzeit wieder mit!
Nach dem Frühstück am nächsten Tag ging es ans verabschieden und Daumendrücken für den Berliner Transporter, er möge trotz hämmernder Klopfgeräusche die Heimfahrt Schaffen!!!
PS: Gabi erzählte uns, Pieps ist Ihre Schwester. Auf der Heimfahrt erfuhren wir, es stimmt nicht, worauf Karola sagte: „Dachte ich mir’s doch das Gabi gelogen hat, die alte Hexe“!

Peter Matzke


Der Richtershorner Bus hat es bis Berlin geschafft, der anschließende Besuch in der Werkstatt ergab, dass der rechte Antrieb hinüber war. Hätten wir das schon in Höxter gewusst, hätten wir bestimmt versucht, die Reparatur dort ausführen zu lassen – hätte bedeutet timeout bis das Ersatzteil da ist und es war ja Wochenende und Feiertag. Naja – Glück gehabt –
Ein erneuter Versuch, die oben beschriebene Holzkohle zu zünden (es war ja genug übrig), ergab, dass nur Hochofentemperaturen herrschen müssen und Wind, beschleunigt durch eine Kompression, dann könnte sie ggf. zum Grillen funktionieren.

i.h.



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